Kontraindikationen für Yoga
“In der Regel ist eher der Verzicht auf körperliche Betätigung gesundheitsschädlich, nicht aber das angemessen dosierte Training” Prof. Stemper
Der Körper ist auf Bewegung angeweisen. Auch, und gerade dann, wenn eine chronische Erkrankung vorliegt. Trotzdem: Wenn einer der folgenden Punkte auf dich zutrifft, ist “still halten” angesagt!
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bei einer akuten Infektionskrankheit (Grippe, Fieber)
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akute Entzündung generell (auch solche in den Zähnen)
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Einnahme von Antibiotikum
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Während einer akuten Thrombose
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bei Bandscheibenvorfall
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bei Knochenbruch
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Schilddrüsenüberfunktion
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chaotischer, kaum einzustellender Diabetes
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Zerebralsklerose (fortgeschrittene Gefäßverengung)
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Frischer Infarkt
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schwerwiegende Herzklappenerkrankung
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bei unkontrollierbaren Herzrhythmusstörungen
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während eines akuten Rheuma-/ Arthroseschubes
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Blutdruck unkontrollierbar und hoch (über 200/120)
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Was ist bei welchen chronischen Erkrankungen außerdem zu beachten?
Dieses Verzeichnis von Erkrankungen (und was beim Üben, vor allem von Yoga, zu beachten ist) erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und ersetzt auch nicht den ärztlichen Rat. Falls du Zweifel hast, zeige deinen Ärzten die Übungen, die du vor hast zu praktizieren und sie werden dir genau und individuell sagen können, worauf du achten musst. Am wichtigsten ist aber deine Meinung! Fühle selber in den Übungen nach, ob sie dir gut tun. Übe vor allem sanfter, wenn du Schmerzen spürst. Bewegung ist ein Weg, Freundschaft mit dem Körper zu pflegen, und auf Freunde gibt man Acht. Übe daher nie gegen den Schmerz.
Arthrose, Arthritis, Fibromyalgie, Rheuma und Gelenkschmerzen
Bei unangenehmen Schmerzen bist du aufgefordert, sofort aufzuhören. Dein Atem gibt dir auch ein wertvolles Feedback: Fließt er gleichmäßig, ist auch etwas “Wohl-Weh” okay, Stockt er, musst du die Intensität deutlich reduzieren. Ein akuter Entzündungsschub erfordert Schonung. Während dieser Zeit solltest du nur mit Hilfe der Vorstellung üben, dabei aber die gleiche Zeit aufwenden. Nur bewegst du dich nicht “wirklich”, sondern stellst dir es nur vor.
Ein erkranktes Gelenk muss sofort nach einem Schub wieder bewegt werden, sonst droht Versteifung/ Bewegungsverlust. Die Deutsche Rheumaliga empfiehlt Yoga. Durch Sport und Bewegung wird allgemein der Harnsäurespiegel gesenkt, was bei diesen Erkrankungen überwichtig ist.
Jeder Mensch entwickelt im Laufe des Lebens arthrotische Veränderungen, einfach weil die Knie und Hüften täglich Höchstleistungen bringen. Daher klagen die meisten früher oder später darüber. Du kannst aber die Beschwerden mindern, indem du dich regelmäßig bewegst, denn nur so erhalten die Gelenkknorpel alle wichtigen Nährstoffe (Befeuchtung der Knorpel mit Gelenkflüssigkeit).
Asthma
Yoga und Bewegung kräftigen die Atemmuskulatur und Vitalkapazität. Genau das brauchst du, wenn du Asthma hast. Atemübungen (Pranayama) bringen dir bei, deine Ausatmung länger zu gestalten, als die Einatmung und sind besonders empfehlenswert. Übungen zum Muskelaufbau (Yoga oder Krafttraining) stärken auch die Atemhilfsmuskulatur: Ist sie kräftig und gut ausgebildet, macht sie das Atmen leichter.
Augen-Innendruck-Erkrankung (Glaukom/grüner Star)
Vorsicht ist bei sogenannten Umkehrhaltungen geboten (wo der Kopf niedriger ist, als das Herz).
Bandscheibenvorfall
Bewegungsmangel und Übergewicht sind auslösende Faktoren. Daher ist gezielte Muskelstärkung empfehlenswert, um den Rumpf zu stabilisieren und die Wirbelkörper zu schützen. Das erreichst du am besten durch Bewegung. Bei einem akuten Bandscheibenvorfall musst du zunächst das ärztliche “okay” abwarten. Dann kommt es darauf an, wo genau die Bandscheibe “herausgeploppt” ist: Meistens tritt er nach hinten raus, dann musst du beim Yoga sehr vorsichtig sein in den Vorwärtsbeugen, dafür aber die sog. Rückbeugen gewissenhaft üben. Die Bandscheibe kann aber auch nach vorne, Richtung Bauchnabel austreten. Dann gelten genau die umgekehrten Vorzeichen für dich: Übe besonders die Vorwärtsbeuge, bei der Rückbeuge ist aber sehr viel Vorsicht geboten. Selten, aber doch möglich ist das seitliche Heraustreten: Du ahnst schon: Die Seite, wo sie herausploppte soll nicht “provoziert” werden. Die Gegenüberliegende Flanke hingegen schon.
Chronisch degenerative Rückenerkrankungen
Der häufigste Grund ist Insuffizienz der Rumpfmuskulatur, entweder durch Übergewicht, Fehlhaltung, Überlastung und/oder Bewegungsmangel. Letzteren können wir mit Yoga entgegenwirken: Yoga kräftigt deine Muskulatur durch gezieltes An- und Entspannen und fördert die periphäre Durchblutung. Hier kannst du mehr über Rückenschmerzen lernen und wie du damit umgehen kannst:
Diabetes
Besonders der Typ 2 steht im Zusammenhang mit Übergewicht. Maßnahmen zur Gewichtsabnahme sind wichtig. Einige Studien wurden zur Wirkung von Yoga im Zusammenhang mit Diabetes durchgeführt und es kam erfreulicherweise dabei heraus, dass Yoga die Blutfettwerte und somit den Blutzuckerspiegel senkt. Bewegung insgesamt führt dazu, dass die Muskeln den Zucker verbrauchen, der dann nicht mehr den Organismus belasten kann. Sport wirkt somit der Insulinresistenz der Zellen entgegen. Denke aber dran: Sport ändert deinen Stoffwechsel! Halte engen Kontakt mit deinem ärztlichen Personal; die Dosierung deiner Medikamente muss angepasst werden.
ISG-Blockade / Ischias-Schmerzen
Bei diesen “Diagnosen” kann es sein, dass du keine asymmetrische Stellung der Beine verträgst. Vorsicht ist also geboten bei “Dreh-Haltungen”, wo ein Bein über das andere geschlagen ist, und allen Haltungen, wo deine zwei Beine nicht “gleich aussehen” (bsp. ein Bein angewinkelt, das andere gestreckt).
Für Seitenschläfer empfehle ich ein Kissen zwischen den Knien, sodass das Becken nicht während des Schlafens “schief” ist.
Koronare Herzkrankheit
ist eine Mangeldurchblutung des Herzen, bedingt durch Bluthochdruck, Fettleibigkeit, komplette Inaktivität, Rauchen, Diabetes und/oder chronischem Stress. Yoga kann nachweislich den Blutdruck und die Blutwerte harmonisieren. Durch Bewegung wird die Bildung neuer Blutgefäße begünstigt und Übergewicht abgebaut.
Herz- und Blutdruckpatienten sollen die Übungen weglassen, wo die Arme/Hände höher sind, als das Herz.
Künstliche Gelenke, Prothesen
Zitat von der Orthopädischen Uniklinik Zürich; “Eine gewisse Belastung des Skeletts ist erforderlich für den Knochenstoffwechsel und dessen Stabilität, sodass sportliche Belastung zu einer erwünschten Konditionierung (bei künstlichen Gelenken und Prothesen) des Skelettsystems führen kann”. Nur Stoßbelastungen sollten vermieden werden. Beim Yoga ist das Risiko für Stoßbelastungen kaum vorhanden, sodass diese Bewegungsform empfehlenswert ist.
Bei Hüftprothesen würde ich im Yoga alle Haltungen weglassen, wo ein Bein über das andere geschlagen geschlagen wird (siehe ISG-blockade).
Multiple Sklerose (MS)/ Morbus Bechterew/ Fibromyalgie
Regelmäßige, sogar tägliche Bewegung ist empfehlenswert, jedoch ohne Anstrengung, da Überhitzung des Körpers die Symptome verschlimmern kann – aufgrund des sogenannten Uhthoff-Phänomens. Yoga vermindert “Fatique” (starke Ermüdung), baut Stress ab, verringert Angstsymptome und Schlafstörungen, die alle Begleitsymptome der MS, Morbus Bechterew und Fibromyalgie sind. Ebenso wie die Psyche gehören Ernährung und Umwelteinfluss zur Beurteilung jedes Schmerzgeschehens. Diese “Drei” sind indirekte Faktoren, die dazu beitragen, massive Schmerzzustände zu beeinflussen.
Osteoporose
Auch hier ist regelmäßige Bewegung oberstes Gebot, da die Knochen sich ansonsten weiter zurückbilden. Bei Osteoporose sollte nie die Yogastellungen “Schulterstand”oder “Pflug” geübt werden, da zu viel Gewicht auf die Schultern lastet, was Bruchgefahr in sich birgt. Zeige deinen Ärzten die Übungen, die du machen willst, sodass du ganz sicher sein kann, dass du sicher übst. Sonst ist Yoga (besonders Yoga im Sitzen) gelenkschonend und daher sehr empfehlenswert bei dieser Erkrankung.
Schmerzsyndrome
sind Beschwerdebilder, die mit chronischen Schmerzen einhergehen, wobei der Schmerz seinen Warncharakter verloren hat, und nicht mehr sinnvoll ist. Dies kann durch chronische Entzündungen, Spastik, Nervenerkrankungen oder Psychosomatik verursacht sein. Yoga harmonisiert den in diesem Fall überaktiven Sympathikus (Nervensystem, das für Flucht und Kampf verantwortlich ist), und es ist zudem äußerst empfehlenswert, nach dem Üben ein Entspannungsverfahren deiner Wahl zu praktizieren.
Der Schmerz zeigt sich in drei Stadien:
- Überlastungsschmerz. Wenn ein Muskel überfordert wird. Dieser Schmerz verschwindet, wenn die Ursache für die Überforderung abgestellt wird. Dies geschieht aber nicht, indem man sich schont, oder gar diesen spezifischen Muskel stärkt, sondern die Ursache für die Überlastung behandelt. Und das ist meist der verkürzte Muskel der Gegenseite!
- Alarmschmerz. Wenn die Ursache für den Überlastungsschmerz nicht abgestellt wird, besteht die Gefahr der Verletzung von Gelenkknorpel, Gelenk, Bandscheibe und anderen Teilen des Körpers. Dies will er durch den Alarmschmerz verhindern., denn Alarmschmerz wird durch überhöhte Muskelspannung ausgelöst: Das ist eine gute Nachricht, denn die kannst du lernen, zu regulieren!
- Schädigungsschmerz. Wenn eine Struktur des Körpers bereits durch Stufe 2 geschädigt wurde. Die gute Nachricht: Das kommt aber nur in 3-5 % der Fälle tatsächlich vor!
Selbst, wenn du Arthrose, Bandscheibenvorfall, Beckenschiefstand, Gleitwirbel, Skoliose oder Gelenkentzündungen hast: Die Chancen sind verschwindend gering, dass es sich um Schädigungsschmerzen handelt, sondern eher “Alarmschmerzen”. Und die hast du in der Hand. (Aus “Faszien-Rollmassage”: Dr. P. Bracht, Goldmann 2015)